Gastronomie im Markt

Donnerstag, 29. Januar 2015
Foto: R. Rosendahl

Verbraucher wünschen auch beim Einkauf eine gastronomische Versorgung. Wie der stationäre Handel seine Attraktivität mit Gastro-Angeboten erhöht und sich so von der Konkurrenz abhebt. Ein Interview mit Dr. Susanne Eichholz-Klein, Bereichsleiterin der IFH Retail Consultants am IFH Köln.

Rewe hat im Juni bereits ein Restaurant in Köln eröffnet. Unternehmen die Händler aus Ihrer Sicht genug, um das Einkaufserlebnis der Kunden zu erhöhen?
Der Lebensmitteleinzelhandel hat in den letzten Jahren sehr viel unternommen, um das Einkaufserlebnis für die Verbraucher zu erhöhen und das Profil der einzelnen Formate zu schärfen. Wir befinden uns aktuell in einem Trading-Up-Prozess. Insbesondere die Vollsortimenter überzeugen mit Mehrwertansätzen wie Frische, Convenience und Nachhaltigkeit. Das spiegelt sich beispielsweise in den hohen Wachstumsraten der selbstständigen Kaufleute des Rewe, Edeka- und Markant-Verbundes wider.

Gut der Hälfte der Kunden gefiele ein integrierter Backshop mit Sitzgelegenheiten im Supermarkt. Sind Gastro-Konzepte aus Ihrer Sicht eine Möglichkeit, mit der sich der stationäre Lebensmittelhandel gegenüber Online-Handel und Discount differenzieren kann?
Der Lebensmitteleinzelhandel kann sich sicherlich grundsätzlich mit Gastronomie-Konzepten profilieren. Backshops oder Fleischereien in den Vorkassenzonen von Vollsortimentern gehören an vielen Standorten ja auch bereits dazu. Wichtig dabei ist die Allianz von Produkten zum Sofortverzehr und der Möglichkeit, die Produkte auch mitzunehmen.

Welche Services halten Sie im Handel für sinnvoll?
Wichtig ist eine gegenseitige Attraktionssteigerung, d.h. das Angebot muss sowohl zur Zielgruppe als auch zum Gesamtkonzept passen. Modernere Konzepte wie Kaffee-Bars, Bistros, Wein-Bars oder Sushi-Bars liegen derzeit eher im Trend und werden vereinzelt auch bereits umgesetzt.

Worin liegt aus Ihrer Sicht die Herausforderung bei In-Store-Gastro?
Wichtig ist sicherlich eine gute Integration in den Laden mit einer optischen Trennung und einer angemessenen Gastronomie-Atmosphäre, die gleichzeitig zum Laden passt. Auf der anderen Seite dürfen durch die Gastronomie keine Störeffekte wie etwa Küchengerüche auftreten.

Sind die Zielgruppe vor allem Singles und Senioren?
Die Zielgruppe ist sicherlich breiter angelegt und erstreckt sich auch auf Familien, die beispielsweise am Wochenende gemeinsam einkaufen und dann direkt vor Ort auch essen gehen. Weitere Zielgruppen sind Berufstätige und andere Laufkundschaft direkt vor Ort.

Stellt der Gastro-Trend des Handels eine Gefahr für Gastronomie und Gaststätten dar?
Instore-Konzepte stellen auf die Versorgung zwischendurch ab und gehören damit zum weiten Feld der Convenience-Gastronomie, während die klassische Gastronomie stärker anlassbezogen aufgesucht wird und deutliche Spitzen an den Wochenenden verzeichnet. Hier wird – wenn überhaupt eine Verlagerung stattfindet – eher eine Verlagerung innerhalb der unterschiedlichen Convenience-Gastronomieformen vonstattengehen, also zum Beispiel vom Ernährungshandwerk, der Tankstelle oder dem Kiosk/Imbissbetrieb hin zum Lebensmitteleinzelhandel. Nichtsdestotrotz liegen die Wachstumsraten der Convenience-Gastronomie mit einem jährlichen Wachstum von 3,7 Prozent 2000-2013 deutlich über dem Gesamtwachstum der Gastronomie.

Worin liegt der Gastro-Trend aus Ihrer Sicht begründet?
Der Trend zum Außer-Haus-Verzehr hängt in erster Linie mit dem stetigen Auflösen des klassischen Mahlzeitenrhythmus in den Familien und Lebensgemeinschaften zusammen. Das Wachstum des Außer-Haus-Verzehrs fußt auf der Versorgung. Aber Versorgung bedeutet heute nicht nur Hunger stillen, sondern auch Erlebnis, Gesundheit, Familienorientierung und Lifestyle. In Zeiten, in denen Kochsendungen boomen, sind die Ansprüche der Verbraucher auch an die „Zwischendurchversorgung“ gewachsen. Verbraucher wollen quasi im Vorübergehen mit Essen versorgt werden – Essen wird einerseits zur Nebensächlichkeit und gleichzeitig möchten die Verbraucher ihr Essen auch genießen und verwöhnt werden. Im Zentrum steht dabei häufig nicht das Essen selbst, sondern das „Gemeinsame“, d.h. die Kommunikation untereinander, das zusammen Erleben und Genießen.

Wie ist Ihre Einschätzung: Gehen wir in 20 Jahren zum Essen in den Supermarkt?
Der Supermarkt als eine der Gastronomiealternativen wird weiter an Bedeutung zunehmen.

News

Foto: Stefanie Brückner

Vom 24. bis 25. April findet das 125. Markant Handelsforum statt. Zu erwarten sind neben zeitaktuellen Vorträgen und Innovationen für den POS auch ein praxisnaher Austausch.

Foto: Ben Pakalski

Tegut hat das Jahr 2023 mit einem Nettoumsatz von 1,28 Milliarden Euro abgeschlossen und damit das Ergebnis des Vorjahres um 2,44 Prozent übertroffen.

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Nach einem Einbruch zu Jahresbeginn stabilisiert sich die Konsumstimmung in Deutschland jetzt wieder.

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In Österreich können biologische Lebensmittel trotz allgemeiner Teuerungen auf treue Verbraucher zählen.

Statements

TEGUT: Stella Kircher, Leitung Unternehmenskommunikation

Was unternehmen Sie in puncto Gastro-Konzept, um das Einkaufserlebnis der Kunden zu erhöhen?
Tegut testet schon seit vielen Jahren verschiedene Konzepte in diesem Bereich. Es ist ein Thema was sich ständig, vor allem orientiert an den Kundenwünschen, entwickelt. Derzeit testen wir vor allem warme Gerichte und einen hohen Anteil von Convenience in unserem neuen Ladenkonzept 2014. In diesen Märkten können die Kunden sich zum Beispiel während des Einkaufes einen Kaffee ziehen, diesen entweder in dem Sitzbereich an der Kaffee-Bar genießen oder den eigens dafür entwickelten Kaffee-Becher-Halter am Einkaufswagen nutzen und während des Einkaufes den Kaffee genießen. Bezahlt wird der Kaffee am Ende an der Kasse. In unseren Supermärkten finden die Kunden eine heiße Theke. In dem neuen Ladenkonzept ist, wenn es die lokalen Gegebenheiten zu lassen, ein Verzehrbereich vorgesehen. Hier können die Kunden die zum Sofort-Verzehr geeigneten Produkte, aber auch gekühlte Produkte, ultrafrische Produkte und Convenience-Artikel verzehren und eine Mikrowelle nutzen, um diese zu erwärmen.

Gut der Hälfte der Kunden gefiele ein integrierter Backshop mit Sitzgelegenheiten im Supermarkt. Bieten Sie das bereits in Ihren Märkten?
Auch Tegut hat die Möglichkeit einen Sitzbereich in der Nähe der Backstation bereits getestet. Derzeit verfolgen wir aber die oben geschilderte Version der Kaffee-Bar inklusive Sitzbereich und/ oder einem Sitzbereich für den direkten Verzehr, nicht zwingend in der Nähe der Backstation platziert. In unseren kleineren Nahversorgermärkten befindet sich der Verzehrbereich, aufgrund der Größe, oft in der Nähe der Kassen.

Welche der Services bieten Sie bereits an?
In unseren Märkten, vor allem denen mit dem neuen Ladenkonzept, finden die Kunden eine Kaffee-Bar und Verzehrbereich. Ruhebereich und Sitzgelegenheiten sind in fast allen unseren Märkten zu finden. Hier bieten wir den Kunden, die aufgrund ihrer körperlichen Verfassung darauf angewiesen sind, eine Möglichkeit sich setzen zu können.

Worin liegt die Herausforderung bei In-Store-Gastro?
Die Herausforderung ist, die richtigen Produkte in der richtigen Qualität zum richtigen Preis anzubieten. Heutzutage haben die Kunden sehr differenzierte Wünsche und Ansprüche nicht nur im Bereich der Gastro-Konzepte. Aus diesem Grund sollte Stillstand vermieden werden und man muss bewusst den Dialog mit den Kunden suchen, um herauszufinden, was diese sich wünschen.

 

KAUFLAND: Christine Axtmann, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Im September 1984 eröffnete das erste Kaufland SB-Warenhaus in Neckarsulm. Zum „Erlebniskonzept“ gehörte damals ein SB-Restaurant sowie ein Schnellimbiss. Das war die Geburtsstunde der heutigen Kaufland Gaststätten Betriebe, die mittlerweile bundesweit 13 Restaurants und über 130 Imbiss-Stände sowie drei Eiscafés betreiben.

Die Restaurants bieten zum Start in den Tag ein Frühstücksbuffet, ganztägig warme Gerichte sowie Kaffee und Kuchen. Hier werden insgesamt bis zu 300 000 warme Gerichte pro Monat zubereitet und verkauft. Dabei legt das Unternehmen großen Wert auf die Qualität der Rohstoffe und Zutaten. So beziehen die Betriebe beispielsweise die verwendeten Fleisch- und Wurstwaren aus den hauseigenen Fleischwerken und Salate und Kräuter von regionalen Anbietern. In den Eiscafés können die Kunden aus über 30 Sorten original italienischer Eisspezialitäten wählen.

2014 belegten die Kaufland Gaststätten Betriebe in einer Untersuchung von Service Value in Zusammenarbeit mit Die Welt zum zweiten Mal in Folge den ersten Platz im Bronze-Rang als „Service-Champion im erlebten Kundenservice“, in der Kategorie Handelsgastronomie. 2013 zeichnete die internationale Tierschutzorganisation „Compassion in World Farming“ das Unternehmen mit dem Tierschutzpreis „Das Goldene Ei“ aus. Mit dem Preis werden Unternehmen ausgezeichnet, die durch den Verzicht von Eiern aus Käfighaltung eine Vorreiterrolle einnehmen. So stammen die in den Kaufland Restaurants erhältlichen Frühstückseier durchweg von Hühnern aus Bodenhaltung. 2013 prüfte das SGS Institut Fresenius, im Rahmen eines umfangreichen Hygienekontrollprogramms, rund 40 Kaufland Gaststätten Betriebe. Alle untersuchten Betriebe erhielten das Zertifikat, welches die hohen Hygienestandards des Unternehmens belegt.

Zu unserem Kaufland-Konzept gehört die Ansiedlung verschiedener Konzessionäre in der  Vorkassenzone. Darunter befinden sich in der Regel immer auch ein Bäcker und ein Metzger, die je nach Möglichkeit auch Sitzgelegenheiten anbieten. Eine In-Store-Gastronomie planen wir nicht.  

Gastro-Konzepte bieten eine zusätzliche Serviceleistung für die Kunden. Natürlich differenziert man sich damit vom Online-Handel oder von den Discountern. Diese Differenzierung ist jedoch bereits jetzt schon durch die unterschiedlichen Konzepte gegeben. Die größte Herausforderung bei der In-Store-Gastronomie ist sicherlich die Integration auf der Verkaufsfläche, bedingt auch durch die baulichen Gegebenheiten.

 

GLOBUS: Markus Nippold, Leiter Gastronomie bei Globus

Was unternehmen Sie in puncto Gastro-Konzept, um das Einkaufserlebnis der Kunden zu erhöhen?
Wir möchten in Zukunft die Bereiche "Handel" und "Gastronomie" noch stärker vernetzen. Der Fokus liegt dabei auf Convenience-Produkten. Die Kunden können die Gerichte nicht nur im Restaurant essen, sondern sich die frisch hergestellten Speisen auch bequem selbst zu Hause zubereiten.

Gut der Hälfte der Kunden gefiele ein integrierter Backshop mit Sitzgelegenheiten im Supermarkt. Bieten Sie das bereits in Ihren Märkten?
In den Globus-Märkten befinden sich Backshops mit integrierten Cafés und Sitzgelegenheiten in der vorgelagerten Mall. Für den Verkaufsraum selbst arbeiten wir an entsprechenden Konzeptionen, erste Tests laufen bereits.

Welche der Services bieten Sie bereits an?
Innerhalb des Verkaufsraums bieten wir in einigen Märkten bereits eine Sushi-Bar. Daneben gibt es in der Mall natürlich das Globus-Restaurant mit allen Annehmlichkeiten wie Kaffee-Bar, Saftbar und Sitzbereich. In unserer Meisterbäckerei und in der Metzgerei erhalten die Kunden handwerklich frisch hergestellte Produkte, auch in Convenience-Qualität. Diese Produkte verarbeiten wir auch im Globus Restaurant. In Zukunft möchten wir die Trennlinie zwischen Verkaufsraum und Restaurant aber noch deutlich verengen.

Worin liegt die Herausforderung bei In-Store-Gastro?
Die Herausforderung liegt darin, Kunden für die Gastronomie zu begeistern, die nicht bereits zum Einkaufen im Markt sind. Dafür wirken wir dem leider immer noch schlechten Ruf der Gastronomien im Handel mit hoher Qualität und niedrigen Preisen unserer Speisen entgegen.

 

BÜNTING: Helen Drieling, Pressereferentin Bünting Unternehmensgruppe

Was unternehmen Sie in punkto Gastro-Konzept, um das Einkaufserlebnis der Kunden zu erhöhen?
Das Thema Gastronomie rückt bei uns schon seit einiger Zeit verstärkt in den Fokus. Neben den klassischen Verkostungsangeboten gibt es in einigen Märkten Vorführküchen, in denen zu verschiedenen Zeiten gekocht und verkostet wird. Außerdem bieten wir den Kunden im Bereich der Vorkassenzonen – je nach Konzept und Größe des Marktes – ein oder mehrere gastronomische Angebote. In der Regel gehört dazu ein Backshop mit Cafébereich. Um den Kunden hier ein hochwertiges Angebot zu präsentieren, haben wir ein eigenes Konzept für diese Backshops entwickelt. Betrieben werden sie von Konzessionären. Dabei achten wir darauf, möglichst den führenden Bäcker der Region für uns zu gewinnen, um den Kunden bestmögliche Qualität zu bieten. In der Combi Erlebniswelt in Hamm, die im Mai dieses Jahres eröffnet hat, setzen wir erstmals ein Gastronomiekonzept in Eigenregie direkt auf der Verkaufsfläche um. Die Warm-Cooking-Station ist dabei direkt an die Bedientheken angegliedert. Zwei Köche bereiten dort während der Öffnungszeiten des Marktes verschiedene Gerichte zu. Neben einer Wochenkarte mit unterschiedlichen Menüs für jeden Tag können die Kunden sich auch an der Fleisch- oder Fischtheke zum Beispiel ihr Steak oder Fischfilet aussuchen und von den Köchen mit entsprechender Beilage direkt zubereiten lassen. Bei den Sitzgelegenheiten in unmittelbarer Nähe zur Cooking-Station wurde darauf geachtet, eine hochwertige, ansprechende und gleichzeitig gemütliche Atmosphäre zu schaffen, die sich optimal in den Verkaufsraum einfügt, und den Gästen die nötige Ruhe zum Verweilen bietet.

Sind Gastro-Konzepte aus Ihrer Sicht eine Möglichkeit, sich gegenüber Online-Handel und Discount zu differenzieren?
Der Kunde erwartet vom POS schon jetzt – und in Zukunft sicher verstärkt – mehr als einen reinen Point of Sale. Insbesondere im stationären Handel geht es nicht mehr um die reine Deckung des Lebensmittelbedarfs. Es gilt Mehrwerte zu schaffen, die für den Kunden erkennbaren Nutzen haben, der über den reinen Einkauf hinausgeht. Gastronomiekonzepte sind dabei sicherlich ein Ansatz. Der Supermarkt wird auch angesichts des demografischen und strukturellen Wandels immer mehr zum Ort sozialer Kontakte. Gastronomiekonzepte ermöglichen es unseren Kunden untereinander in Dialog zu treten und damit Einkaufen und soziale Kontakte zu verbinden. Das Konzept von integrierter Gastronomie im Markt wird von uns daher konsequent weiterverfolgt und entwickelt. Es gibt bereits weitere Märkte, für die eine entsprechende Umsetzung geplant ist.

Worin liegt die Herausforderung bei In-Store-Gastro?
Die Herausforderung eines jeden Gastronomiekonzeptes, sei es bei einem Backshop, der durch einen Konzessionär betrieben wird, oder bei einer Warm-Cooking-Station in Eigenregie liegt vor allem auf der Qualität der Produkte und dem Service. Auch wenn der Kunde bei einer Gastronomie in einem Verbrauchermarkt keine Fünf-Sterne-Küche erwartet, so legt er doch großen Wert auf Frische und Qualität des Angebotes. Die In-Store-Gastronomie muss den Qualitätsanspruch, den der Kunde mit dem Markt und seinem Sortiment verbindet, widerspiegeln. Idealerweise erkennt der Kunde Produkte, die er in den Regalen sieht oder selbst kauft wieder. Ein gutes Gastronomiekonzept kann damit auch für zusätzliche Kaufimpulse sorgen. Auch das Ambiente spielt bei der In-Store-Gastronomie eine wichtige Rolle. Es gilt die Balance zu finden zwischen authentischer Integration der Fläche in den Verkaufsraum und dem maßvollen Abstand zum Kundenstrom, um den Gästen eine entspannte Verweilsituation zu bieten. Es geht um Entspannung und Kommunikation während des Einkaufs. Insbesondere die Gastronomiefläche bietet dabei auch einen sozialen Treffpunkt, den es angemessen zu gestalten gilt.

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Die deutsche Gastronomie macht aus Sicht der Gäste in Sachen Kundenorientierung und Service einen guten Job. Das ist das Ergebnis einer Umfrage von Forsa in Kooperation mit Bookatable.